Reinkarnationstherapie als Weg des Herzens

Das Magazin Fliege. Mit dem Titelthema: Welten der Mystik.

von Engin Iktir (erschienen im „Fliege Magazin“ Juni 2016)

Welcher Mystiker schrieb nicht schon davon, dass die Wahrheit im Inneren zu suchen sei. Wer sich über das Lesen von Büchern auf die Suche nach der inneren Wahrheit begibt, wird über sich selbst kaum wesentliche Antworten finden. Fruchtbarer ist es, den Blick nach innen zu richten. Ein Weg sich selbst zu begegnen, das meint im Grunde die Reinkarnationstherapie. Innere Bilder von früheren Leben dienen hier weniger der Vergangenheitsbewältigung, sondern eher einer praktikablen Seelenarbeit im Jetzt.

In der Zeit zurück geht es nicht chronologisch, sondern anfangs immer in Bezug zu einem aktuellen Thema, Anliegen oder Problem. Im Verlauf der Innenschau lässt sich beobachten, dass auf tieferer Ebene frühere Leben meist ähnlich gestrickt sind, wie es das heutige Leben auch schon ist. Bist du heute Automechaniker, dann warst du früher vielleicht ein Hufschmied. Die Reinkarnationstherapie nutzt deshalb frühere Leben als Ausdrucksfläche von gelebten und ungelebten Anteilen. Werden Rückführungen im Weiteren von Tag zu Tag wiederholt, erschließt sich dem Suchenden sein zeitlos seelisches Muster – in welchem er sich von Inkarnation zu Inkarnation (unbewusst) wie ein Uhrwerk bewegt. Durch das bewusste Hinsehen und dem gefühlsmäßigen Erfahren entsteht ein tieferes Verständnis in das eigene Leben und dem höheren Sinn unseres menschlichen Daseins.

Der Weckruf aus dem Schlaf

Die Augen zu schließen ist schon einmal wie ein Blick ins Unbekannte. Um tiefer in die Welt der Seele einzutauchen und den Verstand in den Hintergrund treten zu lassen, hilft das forcierte Atmen. Es ist eine uralte Praxis, die Schamanen schon nutzten, um auf natürliche Weise in den Trancezustand zu gelangen. Hypnose versetzt in einen dämmerartigen Zustand, das runde Ein- und Ausatmen hingegen weckt den Geist auf und reinigt den Körper. Alle Gefühle und Erlebnisse werden so bei vollem Bewusstsein erlebt und nach einer Reinkarnationstherapie kann sich an alles erinnert werden.

Jeder ist seine eigene Aufgabe

Das Wiedererleben von früheren Leben ist wie ein Mikroskop – es wirkt wie ein Vergrößerungsglas auf innere Haltungen, die im heutigen Leben eingenommen werden. Blockierende Verhaltensmuster oder unsichtbare Verweigerungstendenzen werden in den therapeutischen Sitzungen im eigenen Erleben sicht- und spürbar. Zwar ungeschminkt und ehrlich, erzielen sie dennoch oder gerade deswegen eine entlastende Wirkung. Ob nun an frühere Leben geglaubt wird oder nicht, spielt dabei keine wesentliche Rolle. Wichtiger ist vielmehr die innere Bereitschaft, sich auf seine eigenen Bilder verbindlich einzulassen.

Berührung mit der Seele

Wollen wir mit unserer Seele Kontakt aufnehmen, geschieht dies über Bilder und Gefühle. Bilder sind die Muttersprache der Seele. Auf der Reise durch das Seelenlabyrinth (ein kundiger Therapeut ist hier unerlässlich) kann nur das herauskommen, was bereits drin ist. Die Erlebnisse aus früheren Leben sprechen von bewussten oder verdrängten Seeleninhalten. Von einigen Figuren fühlen wir uns angezogen. Vor anderen fürchten wir uns, bekämpfen sie oder versuchen, uns mit aller Macht von ihnen zu entledigen. Oder wir erleben die Kehrseite, fühlen uns als deren Opfer.

Der Schatten folgt uns auf Schritt und Tritt

Bei allem Abgelehnten spricht schon C.G. Jung vom Schatten, der sich nicht „wegbeweisen oder in Harmlosigkeit umvernünfteln“ lässt. Der Schatten ist all das, was das „Ich“ nicht sein möchte und doch allgegenwärtig ist – auch im Alltag. Er begegnet uns entweder über die Umwelt (als Spiegel) oder über Körpersymptome, wie es Thorwald Dethlefsen (Schicksal als Chance) schon vor fast 40 Jahren ausdrückte. In der Welt ist alles in zwei Pole aufgeteilt: Tag/Nacht, Mann/Frau, Warm/Kalt, Plus/Minus, Gut/Böse, Diesseits/Jenseits. Wir können nicht gleichzeitig ein- und ausatmen. So atmen wir erst ein, um dann auszuatmen. Mitausatmen. So atmen wir erst ein, um dann auszuatmen. 

Mit jeder Entscheidung machen wir das eine und lassen das andere unberücksichtigt brach liegen. Eine Sammlung an ungelebten Anteilen entsteht und wird in verdrängte Bereiche abgeschoben. In einer fundierten Reinkarnationstherapie geht es in einem geschützten Raum dorthin, wo lange Dunkelheit herrschte. In den Tiefen der Seele findet die Begegnung mit dem eigenen Schatten statt. Alle auftretenden Figuren, selbst die ungeliebten, sind in den ur-eigenen Bildern der Innenwelt im Grunde jeder nur er selbst.

Vom Opfer zum Täter oder vom Täter zum Opfer

Das kausale Denken bringt uns an dieser Stelle nicht weiter. Wir meinen für etwas büßen zu müssen, was in einem vorherigen Leben angestellt wurde (missverstandenes Karma). Doch jedem Opfer geht eine Tat voraus und jedem Täter ist ein Opfer abverlangt worden. So sind Täter und Opfer bei genauerer Betrachtungsweise immer nur zwei Seiten einer Medaille.

Natürlich ist der Wunsch nach Erfolg, Gesundheit, toller Partnerschaft oder auch Friede, Freude, Eierkuchen menschlich. Die Kehrseite der Medaille ist, dass alles, was uns begegnet wie Wut, Aggression, Verzweiflung oder Ohnmacht – sprich, unsere dunkle Seite, genauso zum Leben gehört und angenommen werden will.

Reibung erzeugt (Herzens-) Wärme

Es ist eine tiefe spirituelle Erfahrung auch in den Bereichen, die sonst verteufelt werden, den göttlichen Funken in sich zu entdecken. Das wussten auch schon die alten Sufis, die den Menschen in seinen lichten und dunklen Seiten sahen. Während dem Bewusstwerdungsprozess bedarf es durchaus eine innere Auseinandersetzung. Denn Auseinandersetzung fördert, öffnet einen für das, was zuvor abgelehnt wurde. Öffnen kann sich immer nur das eigene Herz für das Abgelehnte. Dies ist ein Prozess, der kaum machbar ist und von selbst geschieht. Eine Transmutation des Bewusstseins vollzieht sich, es erweitert sich und das Fehlende (der Schatten) wird mit Liebe wieder zur Einheit zurückgeführt.

„In dem Moment lächele ich sie an und erkenne, dass zu der starken Seite auch die schwache gehört und zur schwachen Seite auch die starke. „Ich“ bin „Du“ und „Du“ bist „Ich“, ja so ist es.“

Der Weg ist das Ziel – also ist das Ziel? Der Weg 😉

Die Reinkarnationstherapie schafft während dem gesamten Prozess einen wertfreien Raum, in dem Heilung geschehen kann. Das Fehlende zurückzuholen, das meint Heilung, wenn wir es wörtlich nehmen: GanzSein – bestenfalls aus dem Herzen. Und auch wenn Therapie immer noch nach Kranksein klingt, wäre es doch zu schade, wenn dieser Herzensweg über die Reinkarnationstherapie nur den Kranken vorbehalten wäre. Denn auf dem Weg zur inneren Wahrheit werden unvorstellbare Höhen und Tiefen überwunden und am Ende kommt man immer bei sich selbst an.

Weitere Informationen

Engin Iktir ist Reinkarnationstherapeut der Münchner Schule. Seit 2006 hat er sich auf die Reinkarnationstherapie, die auf die Arbeiten und Lehren von Thorwald Dethlefsen zurückgeht, spezialisiert. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Julia Povel arbeitet er in eigener Praxis in Frankfurt am Main. Beide bieten Reinkarnationstherapie bundesweit in Einzelsitzungen, Paarsitzungen und Seminaren an.

Engin Iktir
Praxis für Reinkarnationstherapie
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