Seelenarbeit mit dem Schatten

Seelenarbeit mit dem Schatten

von Engin Iktir (erschienen im „Fliege“ Magazin April 2017)

Die Reinkarnationstherapie stellt eine effektive Methode dar, um Hintergründe von belastenden Themen aufzudecken und um sich besser kennen zu lernen. Viele meinen, dass sich hier mit historischen Wahrheiten oder der Vermittlung eines Weltbildes beschäftigt wird. Ich dagegen lege mehr den Fokus auf die seelische Wahrheit.

Um sich dieser individuell zu nähern, bedarf es einer geeigneten Innenschau – frei von religiösen Anschauungen. In meiner Arbeit nutze ich die Bilder von früheren Leben als Projektionsfläche, damit das eigene Innenleben bewusst erfahrbar wird. Vor dem Hintergrund geschichtlicher Tatsachen werden, wie bei dem Blick durch ein Vergrößerungsglas, vor allem unbewusste Haltungen deutlich sichtbarer. Deshalb spielt es auch keine Rolle, ob das Erlebte den Tatsachen entspricht oder aus der Fantasie entspringt. Denn alles, was der Klient während den Sitzungen erlebt, hat etwas mit ihm selbst zu tun. Und es kann immer nur das herauskommen, was bereits in ihm drin ist. Worauf es mehr ankommt, ist sich auf seine Seelenbilder einzulassen und mit seinem eigenen Inneren verbindlich zu werden.

In die Tiefen der Seele

Bilder sind die Muttersprache der Seele und über die Bilder von früheren Leben baut der Klient den Kontakt zu seiner eigenen Seele auf. Inhaltlich geht es in der Zeit nicht chronologisch zurück, sondern orientiert sich an dem vom Klienten formulierten Thema. Und die Gründe weswegen Klienten zu mir kommen sind vielfältig. Die einen benötigen Hilfe bei Lebensthemen privater oder beruflicher Natur, andere kommen wegen Körpersymptomen oder sind schlichtweg neugierig auf sich selbst. Gemeinsam haben alle, dass sie ihre Antworten auf ihr Anliegen auf der Ebene finden, wo sie entstehen – nämlich im seelischen Bereich. Um dorthin zu gelangen, favorisiere ich aus meiner jahrzehntlangen Erfahrung das forcierte Atmen. Darüber gelangt der Klient eigenständig und aus sich selbst heraus in den Trancebereich. Von dort geht es anschließend in die Welt seiner Seele. Und wie im echten Leben auch, tauchen in den Bildern weitere Figuren auf. Diese Figuren sind bewusste bzw. unbewusste Anteile seiner eigenen Persönlichkeit. Einige Figuren wirken sympathisch, andere hingegen werden abgelehnt. Viele erleben sich gegenüber letzteren als ihre Opfer und wehren sich mit aller Macht gegen sie. Nicht immer ist alles Butterblume in der Welt der Seele, denn Seele macht nicht Halt vor Tabuthemen wie Aggression oder
Sexualität (als Ausdruck der eigenen Vitalität).

Die Begegnung mit sich selbst bedeutet zunächst die Begegnung mit seinem eigenen Schatten

Je mehr wir unternehmen unliebsamen Anteilen aus dem Weg zu gehen, umso mehr laufen sie einem wie ein Schatten nach. Der Begriff „Schatten“ stammt von C.G. Jung und ist heute in Zeiten von Trump, Putin und Co. KG aktueller denn je. In den Bildern selbst fristen im Schattendasein Figuren (sowie deren Qualitäten) von vergessenen Gladiatoren, Magiern, Hexen, Konkubinen, Hohepriestern oder als Symbolfigur der tiefsten Ablehnung – der Teufel. In Schattenbereichen ist nichts vergangen, nicht einmal die Blutpakte mit ihm. Nach außen scheint vergessen worden zu sein, nach innen aber ganz und gar nicht.

Jeder begegnet immer nur sich selbst

Alle abgelehnten Figuren in den Bildern sprechen von eigenen inneren Anteilen, die irgendwann einmal ins Unterbewusstsein verdrängt wurden. Dort wollen diese aber nicht bleiben und bringen sich auf unliebsame Art und Weise in Erinnerung. ImAlltag machen sie sich entweder über die Umwelt (böser Chef, böse Ehefrau) oder über Körpersymptome (böses Symptom) auf sich aufmerksam. Der Schatten stört schlichtweg im Leben, Verdrängungen machen regelrecht krank und fordern ihren Tribut ein.

Gerade beim Auftauchen von sensiblen Punkten ist, meiner Erfahrung nach, das Arbeiten im Stop-and-go-Verfahren, sprich Sitzungen von Woche zu Woche, eher hinderlich. Mit jeder Unterbrechung muss sich wieder von vorne an das Thema heran bewegt werden. Als wesentlich förderlicher in die Tiefe zu gehen, hat sich in der Praxis eine prozessorientierte Herangehensweise mit täglichen Sitzungen erwiesen. Minimum 5 Sitzungen (1 Woche) oder, um nachhaltige Veränderungen im Leben zu erzielen, 20 Sitzungen (4 Wochen am Stück oder wochenweise verteilt). Sich in seinen eigenen Prozess zu begeben ist sicherlich kein Spaziergang, allerdings ein effizienter Weg mit berührenden Selbsterfahrungen.

Klienten lernen ihren Schatten bewusst kennen

In den Therapien begleite ich Klienten professionell – in einem geschützten Raum geht es dann dorthin, wo lange Zeit Dunkelheit herrschte. Wir steigen hinab in das Unterbewusstsein, der persönlichen Hölle oder in die bisher unergründlichen Seelentiefen. Dort gestaltet es sich für jeden individuell und kann schon mal wie in einem Bilderbuch aussehen. Für den Hitzköpfigen mag es kühl und verlassen aussehen, alles in vollkommene Ruhe eingehüllt. Für den Antriebslosen hingegen wird dort vielleicht das Feuer brennen und das pralle Leben vorherrschen.

Die bewusste Begegnung mit dem Schatten heilt

Im Verlauf der Sitzungen geht es Stück für Stück hin zu den abgelehnten Bereichen, jenen Orten der ungelebten Anteile. Jene Anteile, die moralisch verwerflich beurteilt werden: Ehrgeiz, Machtgier, Triebe. Und je mehr der Klient seinen Schatten durchdringt, umso mehr fügen sich die einzelnen Mosaiksteinchen zu seinem seelischen Muster zusammen. Statt zu verdrängen, geht es um Integrieren und liebevolles Annehmen – brachliegendes Potential nach eigenen Vorstellungen im Leben wieder nutzbar zu machen. Und hier verstehe ich die Reinkarnationstherapie als einen Heilsweg, der Verlorenes wieder zurückführt. Heilung, nehmen wir es wörtlich, meint GanzSein – bestenfalls aus dem Herzen heraus.

Jede Sitzung in der Reinkarnationstherapie dauert zwei Stunden und wird für den Klienten auf CD aufgenommen. Diese kann er sich zu Hause erneut anhören und sich so bestimmte Dinge noch einmal vergegenwärtigen. Zudem hilft es, sich die erlebten Eindrücke der Seelenreise mit den dazugehörigen Gefühlen in einem Tagebuch von der Seele zu schreiben – frei von der Leber weg. Manch einer greift auch zu Pinsel und Farbe und malt seine Seelenbilder auf Leinwand oder Papier. Aber gleichgültig wie sich der Bewusstwerdungs bzw. Verarbeitungsprozess gestaltet, bringen meine Klienten über die Reinkarnationstherapie wieder wesentlich mehr Farbe in ihr Leben.

Weitere Informationen

Engin Iktir ist Reinkarnationstherapeut der Münchner Schule. Seit 2006 hat er sich auf die Reinkarnationstherapie, die auf die Arbeiten und Lehren von Thorwald Dethlefsen zurückgeht, spezialisiert. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Julia Povel arbeitet er in eigener Praxis in Frankfurt am Main. Beide bieten Reinkarnationstherapie in Einzelsitzungen, Paarsitzungen und Seminaren an.

Engin Iktir
Praxis für Reinkarnationstherapie
Stiftstraße 2
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Tel.: +49 (0) 69 958 64 828,
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